Das Manuskript wegwerfen

open oder new?
Roman kann ich es nicht mehr nennen.

Ich traf mich mit einem Agenten, und alles, was er hinterlässt, ist Verunsicherung.

Ich sehe ein, im MS gibt es Fehler, vor allem dramaturgische. Er kritisierte den Schluss und das Motiv des Mörders, ich machte Gegenvorschläge. Woraufhin er mich animieren wollte, mit einem neuen Stoff zu beginnen, weil eine Überarbeitung generell zu anstrengend sei.

Für ihn sicherlich, aber was ist mit mir? Ich habe ein Jahr lang am MS gearbeitet, okay, sagen wir, es geschrieben, ich kann doch nicht von einer Minute zur anderen sagen, ja, das war alles Bockmist. Jetzt, wo Sie’s sagen.

Wo bleibt denn da meine Glaubwürdigkeit, wo mein Interesse, mein Spaß, mit dem ich die Figuren durch die Großstadt geschickt hatte.

Ich muss es doch wenigstens versuchen, was draus zu machen. Sonst würde ich mich immer fragen, wie der Pilz ausgesehen hätte, wenn ich ihn geschält hätte. Ob ich ihn als Mahlzeit hätte anbieten können, wenn ich ihn gekocht hätte. Oder als Droge, was weiß ich. Irgendeinen Sinn muss das Ding doch haben.

Jetzt, wo ich zum hundertsten Male die möglichen Varianten durchgehe und bald nicht mehr weiß, welche davon genug Kraft hat, welche zu viel Arbeit kosten wird, die sich vielleicht aber lohnt, welche mitreißen kann, und zwar nicht nur mich, sondern vor allem einen Leser, bin ich wirklich reif, das Schreiben hinzuschmeißen. Hey, ich bin Grafikerin, ich habe dutzende Kinder, warum nicht ein Kinderbuch entwerfen, am besten ohne Text. Wer Fliegenpilze pflückt, sollte sie zum Stempeln mit Fingerfarbe benutzen.

Ich bin so dermaßen demotiviert, ich glaube es selbst kaum.

Ich treibe die Entscheidung, was mit meinem MS passieren soll, vor mir her, indem ich an Schreibwettbewerben teilnehme. Auf zehn Seiten werde ich doch wohl noch eine kleine Dramaturgie entfalten können, oder etwa nicht? Oder etwa nicht.

Ich könnte das Ding einfach dem Nächsten schicken. Warum ich es nicht tue? „Ich würde Sie lieber animieren, mit neuem Stoff anzufangen“.